Bela Forst (geb. 2.12.1938 Koblenz)

Bela wurde als letztes Kind der in Beulich und Brodenbach ansässigen Familie Forst in der Koblenzer Klinik Dr.
Reich geboren. Der Haushalt umfasste neben Bela die seit 1925 verheirateten Eltern, Siegfried Forst (geb. 17.3.1887
Brodenbach) und Rosalie geb. Levy (geb. 16.5.1895 Niederemmel), die in Brodenbach geborenen Töchter Helma (geb.
13.6.1926) und Renate (geb. 9.1.1928) sowie den in Beulich geborenen Sohn Kurt Manfred Forst (geb. 29.7.1930). Der
Vater betrieb bis zum Berufsverbot im Januar 1937 in der Dorfstraße 59 ein florierendes Viehhandelsunternehmen.
Als im November 1938 jüdischen Kindern der Besuch deutscher Schulen verboten wurde, gaben die Eltern ihre
Töchter Helma und Renate zur schulischen Ausbildung in verschiedene jüdische Einrichtungen nach Köln. Hier
wohnten und lernten sie im Abraham-Frank-Waisenhaus, im Kinderheim der Israelitischen Volksschule
Lützowstraße und im Jawne Gymnasium. Helma wohnte zeitweise auch bei ihrer Tante Hermine Loeb geb. Forst
in Köln-Zollstock, deren 1927 geborene Tochter Inge sich über den fast gleichaltrigen Familienzuwachs freute.
Familie Willy, Hermine und Inge Loeb wurde 1942 nach Minsk deportiert und ermordet. Im März 1942 mussten
die Schwestern wieder nach Brodenbach zurückkehren. Bruder Kurt Manfred war in Brodenbach geblieben und
besuchte die 1938 von der jüdischen Gemeinde Koblenz in der Leichenhalle an der Schlachthofstraße
eingerichtete Notschule. Am 8.4.1942 wurde die gesamte Familie mit einem offenen Kleinlaster von Brodenbach
nach Bad Salzig transportiert und mit zahlreichen anderen zur Deportation bestimmten jüdischen Einwohnern aus
Boppard und dem Kreis St. Goar im abrissreifen Hotel „Schwan“ unter menschenunwürdigen Bedingungen
interniert. Georg Giesing zitiert in seinem 2000 erschienenen Buch: „Wir sind doch ein Leut’“ einen Zeitzeugen,
der den Abtransport aus Brodenbach nach Bad Salzig beobachtete: "Ich war am Deportationstag dabei und sah wie
die Verladung vor sich ging. Polizist Bothmann stieß und schubste die jüdischen Menschen brutal auf den
Lastwagen. Er warf die Kinder in hohem Bogen darauf, sodass sie hinterher bluteten. Es war unmenschlich und
entsetzlich.“ Am 30.4.1942 wurde das Hotel in Bad Salzig geräumt und die Internierten per Bahn zum
Güterbahnhof Koblenz-Lützel befördert. Hier mussten sie den bereits wartenden Transportzug Da 9 besteigen, der
sie nach dreitägiger Fahrt ins Durchgangslager Izbica brachte. Von hier gelangten sie vermutlich in das
Vernichtungslager Sobibor. Die Umstände der Ermordung der sechsköpfigen Familie Forst sind bis heute nahezu
ungeklärt. Von der zum Deportationszeitpunkt erst dreieinhalbjährigen Bela, von der es auch kein Foto gibt, liegen
überhaupt keine Hinweise vor. Als Kleinkind blieb sie unregistriert, sodass sie weder im Gedenkbuch des
Bundesarchivs noch in der Jerusalemer Gedenkstätte Yad Vashem als Opfer der Shoah geführt wird. Trotzdem
geriet Bela nicht in Vergessenheit. Bereits nach dem Krieg ließ Selma Joseph geb. Forst, eine nach England
emigrierte Schwester von Siegfried Forst, auf dem Grabstein ihres Vaters Jakob Forst (1853-1934) in Brodenbach
eine Gedenktafel anbringen. Die knappe, nüchtern wirkende Inschrift „Für meinen Bruder Siegfried Forst Frau
und 4 Kinder - Opfer der nationalsozialistischen Herrschaft“ verweist umso eindrucksvoller auf das Schicksal der
ausgelöschten Familie. Ihr setzte auch Autor Georg Giesing 2000 ein literarisches Denkmal. Zusätzlich erinnert
seit dem 27.8.2011 ein Stolperstein vor der ehemaligen Klinik Dr. Reich in der Schloßstraße 1 in Koblenz an Bela.